Wie die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der SPD entstand

DIE GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG DER AFA IN DER SPD

Einleitung:

Die Industrielle Revolution in Deutschland von 1848 - 1863 war der Übergang von der Handwerksproduktion zu der auf Lohnarbeit basierenden Industrieproduktion. Es entstand zunächst eine noch unorganisierte Arbeiterklasse, welche politisch völlig rechtlos, polizeistaatlich unterdrückt und ausgebeutet wurde. Aus diesen Menschen bildete sich sich neben den Handwerkern und Bauern, das Proletariat. In der Zeit von 1863 - 1914 entstanden in Deutschland basierend auf dem industrielen Aufschwung große Industriereviere. Die ersten Gewerkschaften werden gegründet und es entstehen die Genossenschaften.1889 wird in Paris der 1. Mai zum Kampftag der Arbeiter erklärt. Nach dem I.Weltkrieg mussten riesige Reperationsleistungen erbracht werden. Die Jahre von 1918 bis 1933 wurden von politischen und wirtschaftlichen Krisen gekennzeichnet. Nach der November - Revolution entschied sich die SPD und mit ihr die Mehrheit der Arbeiter- und Soldatenräte für die parlamentarische Demokratie. Am 19.11.1919 fanden die Wahlen zur Verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung statt. Nach der Weimarerrepublik stürzten die Nationalsozialisten Deutschland in tiefes Unglück. Der 2. Weltkrieg endete am 08.05.1945. Deutschland war eine Ruinenlandschaft, die Siegermächte teilten das land in vier Zonen. Die Industrie- und Verkehrsanlagen wurden größtenteils demontiert. Die SPD und die Gewerkschaften reoganisieren sich. Unter der Führung von Kurt Schumacher erreicht die SPD bei den Wahlen zum erstenn Bundestag am 14.08.1949 29,2 % der Stimmen und erlangte damit die Rolle einer "konstruktiven Opposition". Erst nach 17 Jahren gelang es der SPD diese Rolle zu verlassen. Von 1966 - 1969 gab es eine große Koalition mit dem Außenminister und Vizekanzler Willy Brandt. Ab 1969 regiert dann die SPD zusammen mit der FDP.

Die Gründung der AfA fand in einenem für die deutsche Sozialdemokratie wichtigen Zeitabschnitt statt. Die SPD war herausgetreten aus der Rolle der Opposition und stellte für die Entwicklung der Sozialstattlichkeit und den Ausbau wirtschaftlicher Demokratie neue Perspektiven dar. Mit ihrer politischen Erneuerung verband die SPD eine Reform ihrer organisation und Zielgruppenarbeit. Der Anspruch, moderne Volkspartei zu sein, sollte sich auch in der Arbeit der Partei und ihrer Organisation wieder finden. Im Mittelpunkt standen dabei die Beziehungen zwischen der Sozialdemokatie und den Arbeitnehmern. Es war Herbert Wehner, der frühzeitig voraussah, wie sehr diese Bindung zwischen der SPD und der Arbeitnehmerschaft und damit auch zu den Gewrkschaften die Gestaltungs- und Regierungskraft der SPD beinflussen würde.

Solange die SPD noch eine "Klassenpartei" war oder als solche galt, d.h. bis zum Godesberger Programm 1959, gab es in der SPD natürlich Betriebsgruppen, deren Hauptaufgabe es war, für die Partei in den Betrieben für ihre programmatischen Ziele zu werben, was neben "Mundpropaganda" u.a. auch durch die Verteilung von Werbematerial erfolgte.

Bereits kurz vor der Verabschiedung des Godesberger Programmes auf dem Bundesparteitag im November 1959 wurden am 24.04.1959 vom SPD- Parteivorstand neue "Richtlinien für die Betriebsgruppenarbeit" verabschiedet.

Aus diesen Richtlinien ist deutlich zu ersehen, dass den Mitgliedern in den "Betrieben, Büros und Verwaltungen" nur ausführende und keine bestimmenden Aufgaben zugeteilt waren. Die Betriebsgruppen durften sich nur bis in die Unterbezirke zusammenschließen, und das nur unter der Anleitung von Vorstandsmitgliedern der Gesamtpartei. Diese Richtlinien wurden formal erst durch die neuen Richtlinien von 1972 abgelöst, die letztlich zur Vorbereitung der Gründungskonferenz der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen ( AfA) auf Bundesebene im Oktober 1973 führten.
Andererseits gab der PV 2 Monate nach dem Godesberger Programm am 15.01.1960 durch die sog. "Leitsätze für die Arbeitsgemeinschaft Selbständiger in der SPD" dieser wirtschaftlich stärkeren Gruppe in der neugeschaffenen "Volkspartei" sofort auch formal stärkere Einflussmöglichkeiten in der Partei.

In dieser AG konnten danach eigene Vorstände bis zur Bundesebene selbständig bestimmt werden. Der Bundesvorstand der AGS "hält und pflegt auch Verbindungen und Meinungsaustausch mit gleichartigen Organisationen anderer Länder" ( vergl. Ziffer 7, Absatz 1, Satz 3 dieser Leitsätze ).
1968 wurde beim PV ein Beirat für Fragen der Selbständigen gebildet; der Bundesvorstand wurde beibehalten.
Die Leitsätze für die AGS wurden erst 1972 durch eine Neuregelung des gesamten AG- Wesens in der SPD ausser Kraft gesetzt.
Inwieweit die AGS ihren Einfluss auf die Politik der SPD ausübte, soll hier nicht dargestellt werden. Erwähnt soll hier nur ihr ehemaliger Bundevorsitzender Horst Anschill werden, der als "Großreinigungsunternehmer" im Frankfurter Raum und als Schatzmeister des SPD- Bezirks Hessen- Süd tätig war. Er fiel mit seinen Praktiken bei Großaufträgen im Frankfurter Flughafengelände so auf, dass er dann als SPD- Schatzmeister in Hessen- Süd abgewählt wurde.
In der Folgezeit ( d.h. nach dem Godesberger Programm) entstanden in der SPD eine Reihe von sog. " ständischen Arbeitsgemeinschaften" ( z.B. AG sozialdemokratischer Lehrer, Ärzte usw), die sich vor allem nur als Vertreter eigener Interessen verstanden, was bis 1968 nicht nur parteioffiziell geduldet, sondern auch noch gefördert wurde.
Die Arbeitnehmer in der SPD ( Betriebsgruppen und Gewerkschaftler ) wurden erst dann wieder rege, als in den Jahren 1966/67 eine wirtschaftliche Krise sich anbahnte und als während der "Großen Koalition" ( 1966 - 1969 ) die SPD gezwungen war, mit Schiller (SPD) und Strauß (CSU/CDU) als dem zuständigen Wirtschafts- bzw. Finanzminister eine Wirtschaftspolitik im Interesse der Unternehmer zu betreiben.
Gegen diese Politik regte sich an der Basis der Partei, vor allem bei fortschrittlichen Gewerkschaftlern, der Widerstand.
Der DGB- Vorsitzende von Rheinland- Pfalz Julius Lehlbach gründete 1967 in seinem Bereich eine Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Gewerkschaftler, die sich anschließend auch im SPD-Hannover bildete. Man kann feststellen, dass hier fast die gleichen Zielsetzungen erhoben wurden, wie sie bis heute die AfA verfolgt. Interessant wäre es, wenn man Punkt für Punkt miteinander verglichen würde.
Das damalige Gründungspapier der AG Sozialdemokratischer Gewerkschaften von 1967 zeigt uns, was die Arbeitnehmer in einer neuen "Großen Koalition" erwarten könnten, wobei die Kompromisse, die bereits jetzt im Bundesrat von den SPD- geführten Ländern mitgetragen werden, schon viel zu weit gehen.

Die damalige SPD- Parteispitze ließ eine selbständige Arbeitnehmer- Organisation innerhalb der Partei noch nicht zu, sondern war für sog. "Ausschüsse für Arbeitnehmerfragen". Durch diese Institutionen auf der Vorstandsebene der Organisationsgliederungen konnten zunächst die aktiven SPD- Gewerkschaftler gebremst werden. Beim SPD- Parteivorstand gab es ja auch den sog. "Beirat für Arbeitnehmerfragen", aus dem sich dann später (1973) weitgehend der 1. Bundesvorstand der AfA rekrutierte.
Die Diskussion innerhalb der SPD um die Notstandsgesetzgebung und deren Ablehnung durch die Gewerkschaften während der Zeit der "Großen Koalition" ( 1966 - 1969 ) beeinflußten auch die Entscheidungen über die weitere Entwicklung der Arbeitnehmerorganisation in der SPD.
Der Druck gegen die "Große Koaltion" innerhalb und ausserhalb der SPD ( u.a. durch die sog. "APO" = Ausserparlamentarische Opposition ) konnte zwar die Verabschiedung einer modifizierten ( d.h. abgeänderten ) Notstandsgesetzgebung nicht verhindern, , zwang aber die SPD- Parteispitze, den SPD- Gewerkschaftlern und SPD- Arbeitnehmern ( zumindestens in verbaler Form ) Zugeständnisse zu machen.

Auf dem SPD- Bundesparteitag in Nürnberg, fielen in diesem Sinne folgende Entscheidungen :


1. Es wurde die Bildung eines Gewerkschaftsrates beim PV beschlossen.


2. Der Parteitag beschloss ein Mitbestimmungsgesetz auf der Basis einer vollen Parität, das dann später die SPD- Bundestagsfraktion dem Bundestag vorlegte.


3. Anträge zum Abhalten von Bundesarbeitnehmerkonferenzen der SPD wurden dem PV überwiesen..

Der weitgehendste Antrag kam vom SPD- Bezirk Hessen- Süd. Er forderte Arbeitnehmer- Arbeitsgemeinschaften auf Bezirks- und Bundesebene.
So fand dann auch 2 Jahre später im September 1970 die erste Arbeitnehmerkonferenz auf Bundesebene in Schweinfurt statt. Ihr schloss sich eine Reihe von Fachkonferenzen an. Die Konferenzen wurden allerdings lediglich von Vorständen der Organisationsgliederungen einberufen und dienten nur zum "Luftablassen ". Anträge konnten nicht gestellt werden. Es wurden hauptsächlich Regierungsvorlagen ( z. B. 1972 das Betriebsverfassungsgesetz ) diskutiert.
Auf den Parteitagen der SPD- Unterbezirke lagen im Jahr 1971 dann auch Anträge zur Bildung einer bundesweiten Arbeitnehmer- AG in der SPD vor, die damals scheiterten.
Als dann aber kurz vor den Bundestagswahlen 1972 Karl Schiller, (der übrigens auf dem Nürnberger Parteitag 1968 demonstrativ als einziger gegen den Mitbestimmungsantrag gestimmt hatte) die Partei verließ, beschloss der PV am 21.02. 1972, die SPD- Betriebsgruppen in den "Rang einer AG mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten innerhalb der Partei " zu erheben.
Neue "Grundsätze für die Tätigkeit von Arbeitsgemeinschaften in der SPD" wurden herausgegeben, sowie "Richtlinien der AfA" auf einem gelben Blatt erlassen.
Übrigens wurde im gleichen Beschluss auch der Grundstein für die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen ( AsF ) gelegt.
Auf den unteren Ebenen der Partei ( SPD-Betriebsgruppen, vielen Unterbezirken und in allen Bezirken ) wurden gemäß den neuen Richtlinien auf "ordentlichen AfA- Konferenzen" AfA- Vorstände und AfA- Delegierte gewählt.

In unserem Bezirk gab es , soweit mir bekannt ist, damals nur im Unterbezirk Hannover intakte Betriebsgruppen. In den anderen Unterbezirken hat es aber auch schon vor der konstituierenden AfA- Bezirkskonferenz AfA-Organisationen gegeben. In unserem Bezirk Hannover erfolgte die Wahl eines AfA- Bezirks-Vorstandes erst nach der 1. konstituierenden AfA- Bundeskonferenz in Duisburg (1973) im Jahre 1974.
Die Bezirke entsanden also ihre auf AfA-Bezirks- bzw. Landeskonferenzen gewählten Delegierten zur 1. Bundesarbeitnehmerkonferenz der SPD, wo der 1. AfA- Bundesvorstand, der sich vornehmlich aus den Mitgliedern des Beirates für Arbeitnehmerfragen beim PV zusammensetzte, gewählt wurde.
Noch vor der 1. Bundeskonferenz 1973 fühlten sich viele Arbeitnehmer in der SPD als die "Wasserträger" der Partei, wie es durch ein Zitat von Jakob Deffner im südbayrischen "Sozialdemokrat" belegt wird.
Auch die Jungsozialisten hatten sich, wenn auch mehr theoretisch , mit Betriebsarbeit beschäftigt, stießen aber bei den vornehmlich dem "rechten Flügel" zugeordneten Gewerkschaftlern und Betriebsräten auf Antipathie. Der Bezirk Hannover beteiligte sich maßgeblich an der konstituierenden Konferenz, wir haben uns eingeordnet und stellen aktuell jedoch keinen stellvertretenden AfA- Bundesvorsitzenden. Letzter Beisitzer im Bundesvorstand ist der aktuelle Bezirksvorsitzende Markus Brinkmann, MdL aus Sarstedt gewesen. Im AfA-Bundesausschuss werden wir aktuell vom Stellvertretenden Bezirksvorsitzenden Michael Biank aus Seelze vertreten. Davor hat Karl-Friedrich „Kalle“ Probst dieses Amt ausgeübt.

Das Misstrauen bestimmter Gewerkschaftler und Betriebsräte gegen die Jusos führte zu den Mutmaßungen, dass der PV die AfA als Rammbock gegen den zunehmenden Einfluss der Jusos in der Gesamtpartei verwenden wolle. Dies wurde vor allem von der sog. "bürgerlichen Presse" verbreitet.
Kurz vor der 1. AfA- Bundeskonferenz hat der damals nominierte und später langjährige AfA- Bundesvorsitzende Helmut Rohdes Hannover dieser These widersprochen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf ein Interview, das er am 05.10.73 der "Welt der Arbeit" gegeben hat.

Der Verlauf der konstituierenden Bundeskonferenz zeigte dann auch, dass beschlussmäßig Jusos und AfA gar nicht weit von einander entfernt waren. So übernahm z.B. die AfA- Konferenz den Beschluss zur Verstaatlichung der Banken, der noch kurz vorher vom SPD- Landesparteitag NRW gefasst worden war.
Wer allerdings die Besetzung des Bundesvorstandes kannte, wusste, dass er sich gegenüber der sozialliberalen Regierungskoalition loyal verhalten würde.

Als dann Helmut Rohde in die Bundesregierung aufgenommen wurde, hat er immer versucht, AfA- Politik durchzusetzen. Er ist aber leider dann manchmal in entscheidenden Punkten nicht durchgekommen. Ich erinnere nur an den Mitbestimmungskompromiss und das Berufsausbildungsgesetz.

Quellen:

"Modernisierung und soziale Bewegung geschrieben von Walter Edenhofer, dem ehem. Leiter des Arbeitnehmerreferats beim SPD-Parteivorstand zur Verabschiedung der "Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA)" durch den SPD-Parteivorstand am 24. Juni 1972"

1863 - 1976 Für Freiheit , Gerechtigkeit und Solidarität; herausgegeben vom Vorstand der SPD, Abt. Öffentlichkeitsarbeit; 2. durchgesehenen und erweiterte Auflage; Bonn 1976

zur Person:

Helmut Rohde Bundesminister a. D.
geb. 1925 in Hannover


Als Sohn eines Schweißers wuchs Rohde in der Arbeitersiedlung Hannover-Linden auf. Die langjährige Arbeitslosigkeit des Vaters prägte sein späteres sozialpolitisches Engagement. 1943 leistete Rohde Arbeitsdienst ab, wurde Soldat und geriet in Kriegsgefangenschaft. Nach seiner Rückkehr wandte er sich nach einem Volontariat bei der Firma Continental dem Journalismus zu, absolvierte 1947 eine journalistische Ausbildung beim Deutschen Pressedienst und wurde Redakteur bei der Deutschen-Presse-Agentur. 1950 nahm er ein Studium an der Hochschule für Arbeit, Politik und Wirtschaft in Wilhelmshaven auf.
1945 wurde Rohde Mitglied der SPD, war mehrere Jahre Vorsitzender der hannoverschen Jungsozialisten und dann stellvertretender Vorsitzender des Ortsvereins Hannover und Vorstandsmitglied des SPD-Bezirks Hannover. Später wurde er Vorstandsmitglied der "Gesellschaft für Sozialen Fortschritt" und Mitglied des Kuratoriums der Hilda-Heinemann-Stiftung. Von 1953 bis 1957 arbeitete Rohde als Pressereferent von Minister Heinrich Albertz im Niedersächsischen Sozialministerium. Von 1957 an ununterbrochen dem Deutschen Bundestag angehörend, vertrat er seit 1965 den Wahlkreis Hannover II. Von 1964 bis 1965 war er auch Mitglied des Europäischen Parlaments. 1961 betätigte sich Rohde als Ghostwriter für Brandts erste Kanzlerkandidatur. Er schrieb u. a. das "Programm der Gemeinschaftsaufgaben".
1969 wurde Rohde als parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung Mitglied des 1. Kabinetts Brandt. Rohde widmete sich vor allem Fragen der beruflichen Bildung. In der Legislaturperiode des 6. Bundestages bis 1972 trug er maßgeblich die Politik Minister Arendts mit, die als eine der wenigen Reformvorhaben Fortschritte verzeichnen konnte. 1973 wurde Rohde neben seinem Amt als Staatssekretär zum Vorsitzenden der neugebildeten Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der SPD gewählt. Dieses Amt hatte er bis 1984 inne.
Bei Bildung der Regierung Helmut Schmidt 1974 in der Folge des Rücktritts von Willy Brandt wurde Rohde zum Bundesminister für Bildung und Wissenschaft berufen. Das von ihm besonders in den Vordergrund gerückte Berufsbildungsgesetz wurde im Streit zwischen Staat und Wirtschaft beinahe aufgerieben. Jedoch wurde in seiner Amtszeit das Hochschulrahmengesetz verabschiedet. 1978 trat Rohde bei einer Kabinettsumbildung zurück. In der Folge widmete er sich wieder seiner parlamentarischen Arbeit und der Leitung der AfA, insbesondere setzte er sich immer wieder engagiert mit dem Problem der Arbeitslosigkeit auseinander. 1975 wurde Rohde Mitglied des SPD-Parteivorstandes. 1987 gab er im Alter von 61 Jahren sein Mandat als Bundestagsabgeordneter der SPD auf, deren Fraktion er 30 Jahre lang angehört hatte.
Ab 1985 war Rohde als Lehrbeauftragter an den Universitäten Hannover und Bochum tätig und ist seit 1994 Honorarprofessor der Universität Bremen. Zu seinen Hobbys zählt das Gitarrespielen und das Sammeln moderner Malerei.

Richtlinien für die Betriebsgruppenarbeit 1959

Beschluß des Parteivorstandes vom 24. April 1959

Die Richtlinien für die Betriebsgruppenarbeit sind das Ergebnis eines eingehenden Erfahrungsaustausches zahlreicher in der Praxis der Betriebsarbeit stehender Genossen.

Sie enthalten die für die Arbeit der Partei aus diesen Erfahrungen zu ziehenden Schlußfolgerungen. Vor allem handelt es sich dabei um die Betriebsarbeit im Bereich der Ortsverein« und Unterbezirke. Der Aufbau und die Aktivität der zur Betriebsgruppenarbeit gehörenden Organe in den Bereichen der Ortsvereine und Unterbezirke werden damit den Bezirksvorständen und Betriebsgruppensekretären besonders nahegelegt. Je intensiver die praktische Arbeit in diesen Bereichen entwickelt werden kann, um so besser wird es möglich sein, die erforderlichen weiteren Zusammenfassungen auf Bezirks-, Länder- und Bundesebene zu entwickeln beziehungsweise zu verbessern. Ein Erfahrungsaustausch hierüber wird zu einem spateren Zeitpunkt erfolgen.

Die Beschlüsse des Stuttgarter Parteitags 1958 zur Betriebsgruppenarbeit der Sozialdemokratischen Partei geben dem Vorstand der SPD Anlaß, zur Förderung der Betriebsgruppenarbeit folgende Richtlinien zu beschließen:
Die Organisationen der Sozialdemokratischen Partei müssen ihre Bemühungen verstärken, die Arbeitnehmer in den Betrieben, Büros und Verwaltungen über das Wollen der SPD aufzuklären. Die Sozialdemokraten in den Betrieben, Büros und Verwaltungen haben auch dort in geeigneter Weise zusammenzuwirken, um die Arbeitnehmer mit den Bestrebungen der SPD vertraut zu machen und um angesichts der wachsenden sozialen Spannungen als die zur Wahrung und Verteidigung d«r Gewerkschaftseinheit und Geschlossenheit am entschiedensten wirkende Kraft Einfluß zu nehmen. Die Organisation für die Betriebsarbeit in den Bereichen der Ortsvereine und Unterbezirke soll wie folgt gegliedert werden:


1. Der politische Vertrauensmann der Partei ist in Klein- und Mittelbetrieben, in denen vorerst die Bildung einer Betriebsgruppe der Partei nicht möglich ist, der organisatorische Ausgangs- und Stützpunkt.


2. Die SPD-Betriebsgruppe: Sie umfaßt die sozialdemokratischen Mitglieder eines Betriebes, einer Verwaltung, eines Büros. Sie tritt regelmäßig zu Sitzungen zusammen und wählt eine Leitung, der in der Regel auch sozialdemokratische Mitglieder des Betriebs- bzw. Personalrates sowie der SPD angehörende gewerkschaftliche Vertrauensleute angehören sollen.
Die Betriebsgruppe kann ihre Aufgaben nur lösen, wenn sie gleichzeitig durch ihre Mitglieder die Voraussetzungen und die Gewähr für eine aktive Gewerkschaftspolitik im Betrieb schafft.


3. Auf der Grundlage des Ortsvereins oder des Unterbezirks (bzw. der vorherrschenden Industriezweige des Ortes oder des Unterbezirks} finden in regelmäßigen Abständen und zusätzlich bei besonderen Anlässen Konferenzen bzw. Versammlungen der Funktionäre oder Vertrauensleute der Partei in den Betrieben und der sozialdemokratischen Gewerkschafter statt.

Dazu gehören:

a) die politischen Vertrauensleute der Partei in den Betrieben, in denen keine Betriebsgruppen bestehen;

b) die Leitungsmitglieder der Betriebsgruppen der Partei;

c) die der-SPD angehörenden Betriebs- und Personalräte;

d) die der SPD angehörenden Obleute der gewerkschaftlichen Vertrauenskörper in den Betrieben (für Großbetriebe auch der einzelnen Betriebsabteilungen);

e) die der SPD angehörenden Mitglieder der Ortsverwaltungen der Gewerkschaften einschließlich der hauptamtlichen Sekretäre der Gewerkschaften und des DGB;

f) die Mitglieder der Vorstände der Ortsvereine bzw. des Unterbezirks.

In dieser Körperschaft sind die spezifischen Arbeitnehmerprobleme im Sinne der Politik und des Aufgabenbereichs der SPD zu behandein einschließlich besonderer gewerkschaftlicher Ereignisse (Tarifkündigungen, Lohnbewegungen, Streiks usw.), außerdem die sozialpo!itischen u«d wirtschaftlichen Probleme unter dem Gesichtspunkt der Partei (in der gegenwärtigen Situation z. B. die Krankenkassenreform, Krisenerscheinungen bei Kohle und Stahl, Folgen aus dem Kasseler Urteil gegen die IG Metall usw.). In größeren Städten mit mehreren Groß- und Mittelbetrieben bestimmter Industriezweige ist gegebenenfalls eine Zusammenfassung des unter a - f bezeichneten Personenkreises auf der Grundlage eines Industriezweiges erforderlich (z. B. Werften in Hamburg, Chemie in Hannover, Bergbau in den Städten des Ruhrgebiete» usw.). Bei speziellen Problemen eines Industriezweiges im Zusammenhang mit wichtigen Ereignissen oder Aufgaben sollte eine gesonderte Zusammenfassung auf jeden Fall erfolgen. Die Versammlung bzw. Körperschaft wählt einen Ausschuß oder eine ständige Leitung, in der nach Möglichkeit alle unter a - f genannten Personengruppen vertreten sind. Der Vorsitzende muß ein Mitglied des Vorstandes der Partei (Ortsverein oder Unterbezirk) sein.